„Der IQ hat uns viele Türen geöffnet.“

19. September 2019
3D-Drucker gibt es längst im Elektronikmarkt. Doch für die industrielle Massenproduktion von Kunststoffbauteilen ist die additive Fertigung bislang kaum geeignet. Das will die METROM Mechatronische Maschinen GmbH, Clustersieger Chemie/Kunststoffe beim 15. IQ Innovationspreis Mitteldeutschland, mit ihrem innovativen SEAM-Verfahren ändern.

Die Anfänge des 3D-Drucks liegen bereits über 30 Jahre zurück. 1988 kam der weltweit erste Drucker auf den Markt, mit dem mittels additiven Auftragens einzelner Schichten dreidimensionale Gegenstände hergestellt werden konnten. Heute wird die Technologie zur Fertigung von Prototypen und Kleinserien aus Kunststoff in zahlreichen Branchen vom Werkzeug- und Maschinenbau bis zur Medizintechnik eingesetzt und ist selbst in vielen Hobbykellern bereits vorhanden. Doch für die industrielle Massenproduktion von Bauteilen und Werkstücken ist der 3D-Druck aufgrund der vorhandenen Beschränkungen bisher kaum geeignet.

Foto: Marcus Witt, Leiter Technische Entwicklung und Vertrieb der METROM Mechatronische Maschinen GmbH 

„Dafür sind die bislang erreichten Druckgeschwindigkeiten zu langsam, die notwendigen Nachbearbeitungen zu umfangreich und die verwendeten Kunststoff-Filamente zu teuer. Außerdem begrenzen Bauform und Größe der Drucker die Fertigung großvolumiger und geometrisch komplexer Bauteile“, erklärt Marcus Witt. Der Diplom-Ingenieur ist Leiter Technische Entwicklung und Vertrieb der METROM Mechatronische Maschinen GmbH. Das 2001 gegründete Unternehmen aus Hartmannsdorf bei Chemnitz hat mit seiner Innovation genau die Defizite der additiven Fertigung adressiert. 

Bei dem gemeinsam mit dem Chemnitzer Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU entwickelten SEAM-Verfahren (Screw Extrusion Additiv Manufacturing) wird Kunststoffgranulat in einer modifizierten Extrusionsschnecke aufgeschmolzen und durch eine Düse mit verschiedenen Durchmessern aufgebracht. So können statt 0,5 Kilogramm Kunststoff wie bei üblichen 3D-Druckverfahren rund acht Kilogramm Kunststoff pro Stunde aufgebracht werden. Die Extrusionsschnecke ist in die Hauptspindel einer um fünf Achsen beweglich gelagerten Werkzeugmaschine eingespannt und wird über diese angetrieben. „Dank der hohen Eigensteifigkeit und der geringen bewegten Massen unserer patentierten Fünf- Streben- Parallelkinematik lässt sich die Schnecke mit einer Prozessgeschwindigkeit bis zu 900 mm/s sowie einer großen Positionier- und Bahngenauigkeit bewegen. So können wir auch komplexe Geometrien wie Überhänge von bis zu 65 Grad ohne zusätzliche Stützstrukturen fertigen oder auf bereits bestehende, gekrümmte Strukturen aufdrucken. Nach der additiven Fertigung lassen sich in die Spindel der Maschine per Schnellverschluss weitere Werkzeuge zur Nachbearbeitung ohne lange Umrüstzeiten einsetzen,“, erläutert Marcus Witt. Darüber hinaus ermöglicht das SEAM-Verfahren den Einsatz von preisgünstigen Standard-Kunststoffgranulaten und Hybridmaterialien wie kohlenstofffaserverstärktem Polyamid, Polypropylen oder thermoplastischen Elastomeren. Das senkt die Materialkosten gegenüber teuren Filamenten um das bis zu 200-fache.

Diese Vorteile überzeugten auch die Juroren des 15. IQ Innovationspreis Mitteldeutschland, die die Innovation mit dem Clusterpreis Chemie/Kunststoffe auszeichneten. „Nach der Preisverleihung haben wir eine ganze Reihe an positiven Reaktionen erhalten. Der IQ hat uns viele Türen geöffnet. Auch große, überregional tätige Unternehmen sind auf unsere Innovation aufmerksam geworden und haben uns kontaktiert“, so der Leiter Technische Entwicklung und Vertrieb der METROM Mechatronische Maschinen GmbH. Als Ergebnis dieser Anfragen befinde sich das Unternehmen derzeit in Kontakt mit einer Reihe an potenziellen Pilotkunden. „Jetzt geht es darum, die Anforderungen der Anwender im Detail zu klären und entsprechende Anpassungen unserer Technologie vorzunehmen. Gleichzeitig laufen Gespräche mit Herstellern von Kunststoffen über deren Eignung für unser Verfahren“, berichtet Marcus Witt. Zur Vermarktung der Innovation ist das Hartmannsdorfer Unternehmen auf vielen Industrie- und Fachmessen vertreten, etwa im April auf der Hannover Messe oder in der vergangenen Woche auf der „Composite Europe“ in Stuttgart und der Messe SCHWEISSEN in Linz, auf der auch ein Treffen mit dem Kunststoff-Cluster Österreich stattfand. „Neben dem Verkauf stationärer Maschinen bieten wir potentiellen Kunden auch den temporären Einsatz unserer mobilen 5-Achs-Werkzeugmaschine zur additiven Fertigung auch als komplette und kostengünstige Vor-Ort-Dienstleistung an“, betont Marcus Witt.

Bis Ende 2019 will das METROM-Team mit dem SEAM-Verfahren den Schritt vom Prototypen-Stadium in die industrielle Produktion realisieren. „Bis dahin wollen wir quasi die Betaphase verlassen und Version 1.0 unserer Innovation ausrollen. Ab 2020 steht dann Anwendern in aller Welt eine innovative und praxistaugliche Lösung aus Sachsen für die massenhafte additive Fertigung zur Verfügung“, ist Marcus Witt überzeugt.

Foto: Clustersieger Chemie/Kunststoffe 2019: METROM Mechatronische Maschinen GmbH aus Hartmannsdorf und Fraunhofer IWU aus Chemnitz mit dem Preisstiftern Trinseo Deutschland GmbH und Verband der Chemischen Industrie – Landesverband Nordost; (v.l.) Dr. Tobias Schulz (VCI – Landesverband Nordost), Marcus Witt, Susanne Witt (beide METROM Mechatronische Maschinen GmbH), Christopher John, Martin Kausch (beide Fraunhofer IWU), Dr. Sandra Hofmann (Trinseo Deutschland GmbH); (Bildnachweis: Guido Werner/GWP) 

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