„Die kommenden Monate werden spannend.“

05. September 2019
Mit ihrer Technologie zur Spektralanalyse mit dem Smartphone hat die Magdeburger specOculus GmbH den Clusterpreis Informationstechnologie 2019 gewonnen. Der Erfolg brachte für das Startup jede Menge Aufmerksamkeit und vielversprechende Kontakte zu potenziellen Kunden.

Sind das Obst und Gemüse im Supermarkt wirklich Bio oder mit Pestiziden belastet? Welche Sonnencreme brauche ich für meinen Hauttyp? Ist der Lack auf dem Gebrauchtwagen noch original oder wurde schon mal nachgebessert? Antworten auf diese Fragen kann die Spektralanalyse liefern. Dabei wird ein Objekt mit breitbandigem Licht bestrahlt. Ein Sensor erfasst die Wellenlängen des reflektierten Lichts und erlaubt auf Basis dieses “spektralen Fingerabdrucks” Rückschlüsse auf die biochemische Zusammensetzung des Gegenstandes. Doch der Einsatz dieser Technologie ist aufgrund der dafür notwendigen, teuren Kameras und Sensoren bislang weitgehend auf wissenschaftliche Labors beschränkt. 

Foto: Friedrich Melchert, Geschäftsführer der specOculus GmbH

Dies will die Magdeburger specOculus GmbH mit der Innovation „specTelligence® Scan“ ändern. „Unser Ziel ist es, spektrale Analysen für jeden mittels Apps auf seinem Smartphone möglich zu machen“, erklärt Geschäftsführer Friedrich Melchert. Möglich wird dies trotz der beschränkten Leistungsfähigkeit der Smartphone-Hardware durch einen Trick. Anstatt den zu untersuchenden Gegenstand mit der ganzen spektralen Bandbreite zu bestrahlen, wird er über das Display des Smartphones nacheinander in den drei Farben rot, grün und blau beleuchtet. Die Frontkamera ist so in der Lage, das reflektierte Licht im jeweiligen, schmalen Spektralbereich zu erfassen. Der entscheidende Punkt ist aber ein neu entwickelter, selbstlernender Algorithmus, der die Farbinformationen des zurückgeworfenen Lichts mit Referenzdaten in einer Cloud-Datenbank abgleicht und analysiert. „Natürlich ersetzt das Smartphone kein professionelles Spektrometer. Aber mit unserem innovativen Verfahren lassen sich grundlegende, spektrale Eigenschaften bestimmen, welche die Beantwortung vieler Fragestellungen von Verbrauchern im Alltag ermöglicht“, so Friedrich Melchert.

So hat das im September 2018 aus dem Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) ausgegründete Startup zusammen mit Pilotkunden bereits drei Apps entwickelt, die noch 2019 für Android auf den Markt kommen sollen, kurz darauf werden Versionen für iOS folgen.  Mit deren Hilfe können Nutzer zukünftig nachlackierte Karosserieteile an Gebrauchtwagen entdecken, der Frischegrad von Lebensmitteln bestimmen und anhand einer Hautanalyse Empfehlungen für den richtigen Sonnenschutzfaktor bekommen. Und das ist erst der Anfang. „Aktuell führen wir zahlreiche Gespräche mit potentiellen Kunden aus Deutschland und der ganzen Welt über neue Anwendungsgebiete oder untersuchen die Praxistauglichkeit unserer Innovation bereits im Rahmen von Beta-Tests“, erläutert der specOculus-Geschäftsführer. Dazu gehörten unter anderem der Einsatz in der Lebensmittelindustrie, in der Agrarwirtschaft oder zur Oberflächenanalyse bei der Restauration von Kunstgütern. „Darüber hinaus haben wir auch Anfragen von Bildungseinrichtungen, welche solche Apps gern im Unterricht einsetzen würden und bewerben uns im Rahmen mehrerer Förderprogramme, etwa mit einer App zur Erkennung von Falschgeld“, so Friedrich Melchert.

Ein Grund für die große Resonanz auf die Innovation ist der Gewinn des Clusterpreises Informationstechnologie beim 15. IQ Innovationspreis Mitteldeutschland. „Seitdem Erfolg haben wir sehr viel positive Wahrnehmung erfahren. So berichteten mehrere Online-Fachportale über unsere Innovation und wir waren mit zwei Beiträgen im MDR-Fernsehen vertreten. Das brachte uns bis heute über 20 Anfragen von potentiellen Kunden und Partnern, die auf uns aufmerksam geworden sind“, berichtet Friedrich Melchert.

Der Gewinn des Gesamtpreises beim 15. IQ Innovationspreis Mitteldeutschland dürfte dafür weitere gute Argumente liefern. Doch er war nicht die einzige positive Nachricht dieses Sommers für die Jenaer Wissenschaftler. Bereits im Juni wurde der Grundstein für ein neues, 26 Millionen EUR teures Laborgebäude gelegt. Das „HKI Biotech Center“ soll bis Sommer 2021 bezugsfertig sein und dann Forschungsgruppen beherbergen, die sich biotechnologischen und immunologischen Themen widmen und den Brückenschlag zur Anwendung suchen. „Unsere Transfergruppe Antiinfektiva wird ebenfalls in den Neubau einziehen“, freut sich Dr. Florian Kloß.

Um eine möglichst schnelle und flächendeckende Verbreitung der Technologie zu erreichen, fokussiert sich das junge Wachstumsunternehmen aktuell auf die Akquise von großen Kunden, welche entsprechend reichweitenstarke Zielgruppen adressieren wollen. Dank des angebotenen Komplettpakets aus Softwarebibliotheken für Android und iOS für die Entwicklung von Apps, eine skalierbare Cloud-Infrastruktur zur Datenanalyse sowie dem Know-how in der Auswertung spektraler Bilddaten ist die Innovation darüber hinaus aber auch für KMUs, Startups und sogar Einzelpersonen ohne großen Aufwand nutzbar. „In den kommenden 6 bis 12 Monaten steht dabei vor allem der deutsche Markt im Mittelpunkt. Danach planen wir, auch in den USA vertrieblich aktiv zu werden. Parallel wollen wir unsere Innovation natürlich konsequent weiterentwickeln und zusammen mit unseren Partnern an neuen Einsatzszenarien und Geschäftsmodellen arbeiten“, skizziert der specOculus-Geschäftsführer die weiteren Schritte für das junge Team aus derzeit fünf Vollzeitmitarbeitern und acht IT-Studenten. „Die kommenden Monate werden auf jeden Fall neue, spannende Herausforderungen mit sich bringen. Wir freuen uns schon drauf“, so der positive Ausblick von Friedrich Melchert.

Foto: IQ Innovationspreis Mitteldeutschland 2019, Clustersieger Informationstechnologie: specOculus GmbH aus Magdeburg mit den Preisstiftern enviaTEL GmbH und GISA GmbH; (v.l.) Jens Heinrich (Cluster IT Mitteldeutschland e.V.), Stephan Drescher (envia Tel GmbH), Friedrich Melchert, Prof. Udo Seiffert (beide  specOculus GmbH), Jürgen Klaus (GISA GmbH) (Bildnachweis: Guido Werner/GWP)

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