Regionale Energiewende – aber wie?

20. Oktober 2023
Wie lässt sich das zunehmende Tempo regulatorischer Vorgaben zum Klimaschutz auf europäischer und nationaler Ebene mit Fragen der regionalen Raumordnung, Landschaftsgestaltung und Wirtschaftsförderung in Einklang bringen? Diesem Thema widmete sich am Donnerstag eine gemeinsame Tagung der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland, der Kommission für Landeskunde der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und der Landesarbeitsgemeinschaft Sachsen / Sachsen-Anhalt / Thüringen der ARL – Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft unter dem Titel „Regionale Energiewende – aber wie?“ in Leipzig.

„Die regionale Umsetzung der auf europäischer und nationaler Ebene festgeschriebenen Ausbauziele für Erneuerbare Energien ist eine gleichermaßen komplexe wie für das Gelingen der Energiewende notwendige Herausforderung. Um diese erfolgreich zu meistern, bedarf es eines engen und länderübergreifend abgestimmten Schulterschlusses zwischen Wirtschaftsförderung, Energiewirtschaft, Raumordnung und Zivilgesellschaft in Mitteldeutschland“, betonte Jörn-Heinrich Tobaben, Geschäftsführer der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland und HYPOS-Vorstand. „Hier stehen wir als Metropolregion im engen Austausch mit vielen regionalen Akteuren, etwa im Rahmen unserer AG Landes- und Regionalplanung“, so Jörn-Heinrich Tobaben weiter.

Foto: Jörn-Heinrich Tobaben |

In seinem Vortrag stellte der Metropolregions-Geschäftsführer den Energiepark Bad Lauchstädt als Leuchtturmprojekt der Wasserstoffregion Mitteldeutschland vor. Im Rahmen des Vorhabens wird zukünftig erstmalig die gesamte Wertschöpfungskette von grünem Wasserstoff im industriellen Maßstab erprobt. Dazu wird Strom aus einem benachbarten Windpark über einen 30-Megawatt-Elektrolyseur in grünen Wasserstoff umgewandelt. Dieser wird über eine ehemalige Erdgaspipeline zum Chemiepark Leuna transportiert, wo die TOTAL Raffinerie Mitteldeutschland als erster Abnehmer ansässig ist. In einer späteren Ausbauphase soll der Wasserstoff auch über die mitteldeutsche Erdgaspipeline an weitere Chemie- und Industriestandorte in der Region geliefert und in der bestehenden Salzkaverne vor Ort zwischengespeichert werden. In diesem Zusammenhang verwies Jörn-Heinrich Tobaben auf die notwendigen Mengen an Wind- und Solarstrom und sich abzeichnende Nutzungskonflikte beim Einsatz von grünem Wasserstoff.

Bereits zuvor hatte Dr.-Ing. habil. Matthias Sturm von der Thüringer Energie AG (TEAG) in seinem Vortrag über den aktuellen Stand des Netzausbaus in Thüringen und Mitteldeutschland sowie die damit verbundenen Herausforderungen informiert. Einen Schwerpunkt bildete dabei die im Bau befindliche Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Verbindung Suedlink, die zukünftig über 700 Kilometer im Norden Deutschlands erzeugten Windstrom mit vier Gigawatt Übertragungskapazität zu den großen industriellen Abnehmern im Süden transportieren wird. Im dritten Impulsvortrag des Vormittags sprach Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Wende, Forschungsbereichsleiter am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) und Mitglied der Kommission Landeskunde/Arbeitsgruppe Stadtentwicklung der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig unter anderem über die unterschiedliche ästhetische Wahrnehmung und daraus resultierende Akzeptanz von PV- und Windkraftanlagen in naturnahen Räumen.

Die Themen der Impulsvorträge wurden am Nachmittag von den rund 70 anwesenden Teilnehmern in zwei parallelen Foren weiter vertieft und diskutiert. Im Mittelpunkt stand dabei unter anderem die Umsetzung des „Wind-an-Land-Gesetz“ durch die regionalen Planungsverbände. Das Anfang 2023 in Kraft getretene Gesetz schreibt vor, dass die Bundesländer bis zum Jahr 2032 zwei Prozent ihrer jeweiligen Fläche für die Windenergie ausweisen müssen. Weitere Themen waren Fragen der Bürgerbeteiligung in Planungs- und Genehmigungsverfahren und die stärkere Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern an der Energiewende durch genossenschaftliche Mieterstrom-Modelle.

In der AG Landes- und Regionalentwicklung der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland arbeiten die für die Raumordnung zuständigen Ministerien der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gemeinsam mit Vertretern von Planungsverbänden, Wirtschaft, Kammern und Hochschulen an Fragen der räumlichen Entwicklung in Mitteldeutschland. Die Themen der Raumordnung und der Regionalentwicklung spielen dabei ebenso eine wesentliche Rolle wie die Bereiche demographische Entwicklung, Erreichbarkeit, Einzelhandel und Flächenverfügbarkeit.

Weitere Informationen:

Webseite ARL – Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft

Webseite Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig

AG Landes- und Regionalentwicklung  

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